03.05.04 – Gegen Festung und Vaterland Europa!


Die Vision eines „grünen Europas“
Hier und heute wollen der deutsche Außenminister Joschka Fischer und einige weniger prominente Vertreter der Grünen anlässlich der Europawahl ihre Version eines „grünen Europas“ präsentieren. Passend zur baldigen EU-Osterweiterung soll dieses Europa als fortschrittliches Erfolgsprodukt verkauft werden. „Gerecht“, „modern“, „nachhaltig“ und – natürlich – „tolerant“ soll es sein. Allerdings noch nicht ganz perfekt, wofür die Wähler eben dann z.B. die Grünen bräuchten um alles noch ein wenig besser zu machen. Doch das ist nicht nur das übliche nervtötende Wahlkampfgelaber, es ist darüber hinaus schlichte Heuchelei. Europa ist schließlich weder „tolerant“ noch „gerecht“, sonder wie eh und je ein Projekt zur Unterordnung der einzelnen Menschen unter ein – nur modernisiertes – nationales Kollektiv und die Anforderung der kapitalistischen Verwertbarkeit. Es gibt also nichts zu feiern. Und mit Leuten wie Joschka Fischer schon mal gar nicht.

Festung Europa
Die Vorstellung einer „freieren Gesellschaft“, welche die Grünen ja angeblich mal vertreten haben sollen, ist in der abgeschotteten Festung Europa zu sich selbst gekommen. Die angebliche „Toleranz“ Europas erweist sich anhand tausender Abschiebungen jedes Jahr und hunderter Tote an den Außengrenzen der EU als pure Ideologie. Menschen, die ökonomisch nicht verwertbar sind werden nach wie vor nach rassistischen Kriterien ausortiert, inhaftiert und oft mit Gewalt ins Elend zurück geschickt. Die Harmonisierung der sogenannten Einwanderungspolitik bedeutet dabei nur die systematische Ausgrenzung im europäischen Maßstab. Die innerhalb der EU gepriesene „Reisefreiheit“ ist in diesem Zusammenhang nur zynisch zu verstehen, schließlich dürfen beispielsweise Asylbewerber aufgrund der sogenannten Residenzpflicht ohne Erlaubnis nicht einmal ihren Landkreis verlassen. Passend dazu wird im Zuge der „Terrorbekämpfung“ auch im Innern die Überwachung von Systemkritikern europaweit koordiniert. Mit immer neuen „Sicherheitspakten“ wird grundlegende Gesellschaftskritik in die Nähe des Terrorismus gerückt und diffamiert, wodurch politische und soziale Konflikte kriminalisiert werden.

Heimat – Standort – Vaterland Europa
Auch hinter dem kosmopolitischen Schein der EU verbirgt sich nur moderner Standortnationalismus. Anstatt des etwas verstaubten „doitschen Vaterlandes“ sollen nun alle Menschen Abstriche zugunsten des europäischen Standorts machen. Den als „Sachzwänge“ verklärten kapitalistischen Notwendigkeiten folgend werden die letzten Sozialen Rechte und Sicherheiten zerschlagen um den europäischen Standort fit für den globalen Wettbewerb zu machen. Statt der durch technischen Fortschritt geschaffenen Möglichkeit von Luxus für alle Rechnung zu tragen, werden die „überflüssig“ gewordenen Menschen gezwungen zu Niedriglöhnen und „sozialpartnerschaftlich“ abgesichert für den Standort zu (lohn-)arbeiten. Nur im Gewand der europäischen Großmacht können schließlich die deutschen Interessen im Weltmaßstab durchgesetzt werden. Da interessiert es wenig, dass dies für viele Menschen zunehmend unerträgliche Lebensbedingungen mit sich bringt. Wer vom nationalen Kollektiv spricht, der schweigt schließlich vom einzelnen Menschen. Eine „europäische Identität“ als Sinnstiftung im „falschen Ganzen“ (Adorno) ist also keine fortschrittliche Antwort auf die realen Probleme der kapitalistischen Gesellschaft, sondern überdeckt die gesellschaftlichen Widersprüche und schließt immer nur wieder Menschen aus, die eben nicht dazugehören (sollen). Eine „bessere Welt“ ist folglich nicht über ein „beseres Deutschland“ in einem „sozialeren Europa“, sondern nur gegen die identitäre Zuordnung der Menschen zum jeweiligen nationalen Standort möglich.

Böses Amerika vs. gutes Europa
Während Deutschland, Europa und damit die Grünen mit dem Kosovo Krieg 1999 noch so unmenschlich wie anschaulich gezeigt haben, dass Krieg im Kapitalismus zum Staat machen dazugehört, präsentierte man sich anlässlich des Irakkriegs auf dem „deutschen Weg“ (G.Schröder) plötzlich als „Friedensmacht“. Nicht zuletzt auch deswegen eine Lüge, weil über die Europäisierung der deutschen Geschichte mit der Verdrehung, dass Deutschland auch noch „nicht trotz, sondern wegen Auschwitz“ (J. Fischer) Kieg führen dürfe, der Weg für ständig neue Militäreinsätze geebnet ist. Dies schlägt sich auch in der Aufrüstung der EU nieder. Trotzdem wird das ideologische Konstrukt eines „old europe“ als konkurrierende, aber angeblich „zivile“ Weltmacht gegen die USA in Stellung gebracht. Weil nicht versteht, wer nicht verstehen will halluziniert man sich die USA als verantwortlich für die Unbillen des Kapitalismus und fordert gleichzeitig seinen „Platz an der Sonne“ ein um noch stärker in der neuen Weltordnung mitmischen zu können.

What is left ?
Eine Linke, die sich noch ernst nimmt, sollte sich nicht weiter mit alten Parolen und Mythen selbst dumm machen. Wem an einer menschlichen Zukunft für alle Menschen gelegen ist, der kann die Frage nach einem posittiven Bezug auf das Projekt Europa also nur mit einem klaren Nein beantworten. Schließlich sind rassistische Ausgrenzung und Standortnationalismus, „Deutschland“ und „Europa“ der „Ersatz für den Traum, dass die Menschheit die Welt menschlich einrichte“ (Adorno). Ziel der Linken sollte es sein diesen Ersatz überflüssig zu machen.
Das kann praktisch nur heißen, den gesellschaftlichen „Konsens“ zu durchkreuzen und gegen kapitalistische Konkurrenz und nationales Kollektiv Selbstorganisation und globale Solidarität zu setzen. Nicht zuletzt also auch den Sachverwaltern der europäischen Großmacht Ambitionen wie es die angeblich so „kritischen“ Grünen sind, das Leben so schwer wie möglich zu machen. Und im Bezug auf die Europawahl ist die Wahl klar: Alle Grenzen auf und alles für alle. Darunter ist schließlich nichts. Geschichte ist machbar.

Gegen eine Nation Europa – Gegen ein Europa der Nationen

Links ist da wo keine Heimat ist !