Anlässlich des Auftritts des fundamentalistischen Predigers und deutschen Konvertiten Pierre Vogel und der Aufrufe von rechten Organisationen wie PAX Europa, der NPD und „Pi News“ zum Protest dagegen, haben am Mittwochabend ungefähr 120 AntifaschistInnen in Frankfurt ein Zeichen gegen Rassismus und religiösen Fundamentalismus gesetzt.
Zunächst beteiligten sich die AntifaschistInnen mit Flyern, Transparenten und einem Redebeitrag an der Kundgebung gegen den Auftritt von Pierre Vogel auf der Hauptwache . Diese wurde vom internationalen Kommitee gegen Steinigung organisiert, an ihr nahmen insgesamt mehrere hundert Menschen aus einem breiten Spektrum von z.B. der humanistischen Union, VVN und exli-iranischen und alevitischen Gruppen teil. Mehrfach mussten hier allerdings auch Vertreter rassistischer Gruppierungen des Platzes verwiesen werden: Eine Abordnung der rechtspopulistischen Partei „Die Freiheit“, die mit einem großen Stangentransparent an der Kundgebung teilnehmen wollte, wurden abgedrängt und auch mehrere erkennbare Vertreter der „German Defence League“ sowie einige Neonazis aus dem Umfel der nationalen Sozialisten Rhein-Main bekammen antifaschistische Platzverweise. Im Zuge dieser teilweise etwas tumultartigen Szenen wurde mindestens ein Antifaschist von den massiv anwesenden BFE-Trupps der Polizei zur Personalienfeststellung festgenommen und dabei brutal ins Gesicht geschlagen.
Im Redebeitrag der autonomen Antifa wurde der kulturelle und staatliche Rassismus in Deutschland kritisiert, der (nur) gegen den islamischen Fundamentalismus „Freiheit und Gleichheit“ einfordere, gleichzeitig aber der Abschottung Europas und einem „christlichen Abendland“ das Wort rede. Dagegen forderte der Antifa-Sprecher eine konseuquente Distanzierung von rassistischen Gruppen, wie Pax Europa und den ebenfalls mit einigen Vertretern anwesenden Freien Wähler Frankfurt. Auch das internationale Kommitee gegen Steinigung distanzierte sich von Rassismus. Die Vertreter der rechten Gruppen waren – und sind, wie ein Blick in die einschlägigen Internetforen zeigt – sichtbar „not amused“ darüber, dass es ihnen dieses mal nicht einmal ansatzsweise gelang, die Protestveranstaltung in ihrem kulturassistischen Sinne zu vereinnahmen.
Nach der Kundgebung machte sich ein Großteil der AntifaschistInnen auf zur Kundgebung von Pierre Vogel am Rossmarkt, bei der sich über 1500 ZuhörerInnen, teilweise getrennt nach Geschlechtern, versammelten. Hier demonstrierten die AntifaschistInnen mit Parolen wie „Ihr seit die Beweise – Religion ist scheiße!, „Kein Gott, Kein Staat, Kein Vaterland – Wir nehmen unser Leben selber in die Hand!“ und Schildern auf denen die Säkularisierung der Gesellschaft, die Abschaffung der Kirchensteuer und generell ein „Leben vor dem Tod!“ gefordert wurde, gegen die Fundamentalistenveranstaltung. Wenngleich Pierre Vogel sich betont handzahm gab, ließ es sich sein Gastredner Bilal Philips doch nicht nehmen, Homosexualität als „Sünde gegen Gott“ zu bezeichnen und trotz der sehr aufmerksamen Ordner wurden die linken GegendemonstrantInnen von Pierre Vogels Anhängern wiederholt als „Juden“ und „Scheiß Kommunisten“ ‚beleidigt‘.
Sahra Brechtel, eine Sprecherin der autonomen antifa [f] erklärte zu den Aktionen:
„Die antifaschistischen Proteste haben gezeigt, dass es trotz der teilweise etwas übersichtlichen Gemengelage immer möglich und vor allem nötig ist, sich als Linke offensiv in die aktuelle Intergrationsdebatte einzumischen und den verschiedenen reaktionären Bewegungen hier nicht das Feld zu überlassen. Staatlicher und kultureller Rassismus auf der einen und religiöser Fundamentalismus auf der anderen Seite spielen sich sonst gegenseitig die Bälle zu. Da ist eine emanzipatorische Gegenposition nötig, die individuelle Selbsbestimmung und gesellschaftliche Teilhabe nicht gegeneinander ausspielt. Wir hoffen daher, dass es in Zukunft gegen alle Veranstaltungen von christlichen, islamischen und sonstigen religiösen Fundamentalisten und natürlich auch alle Rassisten gelingt, dies deutlich zu machen. Das kann allerdings nur funktionieren, wenn die gesamte politische Linke eine Bewegung jenseits von Rassismus und Fundamentalismus endlich als gemeinsame Aufgabe ernst nimmt.“