28.03.09 – Das Ei ist rund damit das Denken die Richtung ändern kann


 

Das Ei ist rund damit das Denken die Richtung ändern kann

Autonome Antifa verteidigt Eierwürfe auf Lafontaine und kritisiert Nationalismus

Nach der Großdemonstration am Samstag in Frankfurt bei der die Rede des Linksparteivorsitzenden, Oskar Lafontaine, massiv mit Sprechchören und Eierwürfen gestört wurde, hat die Sprecherin der autonomen antifa [f] die Proteste verteidigt und die Kritik bekräftigt.

Die Proteste bei der Rede von Oskar Lafontaine waren genau die richtige Antwort auf die (nicht nur) von ihm propagierte, nationalstaatliche Krisenlösung von „links“. Denn natürlich muss eine linke Bewegung möglichst breit und meinetwegen auch bunt sein, die erste Voraussetzung ist aber, dass sie wenigstens links ist,

so die Sprecherin der autonomen antifa [f], Sahra Brechtel.

Genau dies sei bei der Politik, für die Oskar Lafontaine nur besonders beispielhaft stehe, aber gerade nicht der Fall.

Sie ist eben nicht nur der Versuch eine linke Bewegung auf ein konstruktives Mitmachen am Staat einzuschwören, sondern sie nimmt dessen reaktionäre Konsequenzen bewusst vorweg. Wer sich wie er nur den Kopf des Staates zerbricht, der kommt logischerweise irgendwann zu dem Ergebniss, dass in dieser Gesellschaft soziale Leistungen für „seine“ Staatsbürger allein dann zu haben sind, wenn man den Rest der Welt mit Gewalt draußen hält. Das kann für Linke aber kein Argument für den menschenverachtenden Standortnationalismus, sondern nur eins für die Überwindung von Staat und Nation sein. Lafontaines Hetze gegen „Fremdarbeiter“ und sein Vorschlag, Internierungslager in Nordafrika einzurichten, sind dagegen keine verbalen Ausrutscher, sondern nur der deutlichste Ausdruck, dass seine Politik schlichtweg nationalistisch und rassistisch ist. Der Unterschied zwischen ihm und Roland Koch besteht vor allem in der Verpackung.

Wären die Phrasen des DGB und der Linkspartei von ihrer „internationalen Solidarität“ schließlich auch nur ansatzweise ernst gemeint, müßten sie sich daran machen, die u.a. gerade von Oskar Lafontaine mitzuverantwortende, Abschaffung des Asylrechts von 1993 sofort wieder aufzuheben. Brechtel:

„Der aus der Abschaffung des Asylrechts folgenden Abschottung Europas sind in den letzten Jahren tausende Menschen zum Opfer gefallen (Erst Gestern wieder mehrere hundert: http://de.news.yahoo.com/1/20090331/tpl-mehr-als-300-bootsflchtlinge-im-mitt-cfb2994.html). Hier wäre viel Platz für einen echten ‚Schutzsschirm für die Menschen‘ aus dem globalen Süden. Dass darüber nicht einmal geredet wird und große Teile der Linkspartei und des DGB stattdessen dem nationalen Krisenpakt zustimmen, zeigt dass es ihnen nicht ‚um die Menschen‘, sondern vielmehr darum geht, selber möglichst schnell und viel im Staat mitreden zu können“.

Nur ohne „solch eine reaktionären Politik, an der einzig Links ist, dass sie sich so nennt, ist überhaupt Platz für eine vielfältige Bewegung, welche die Krisenkosten nicht einfach nur nationalistisch auf andere verschiebt, sondern an der unmenschlichen Struktur der kapitalistischen Ordnung wirklich etwas verändert. Die Eier auf Lafontaine waren in diesem Sinne nicht mehr als ein antifaschistischer Denkanstoß in Richtung Selbstorganisation und globaler Solidarität. Das Ei ist schließlich rund damit das Denken die Richtung ändern kann“,

so die Antifa-Sprecherin.

Zu der massiven Kritik an der Aktion erklärte Brechtel:

Es ist ein schlechter Witz, dass die Berufsfunktionäre und Soziademokraten aus unterschiedlichsten DGB-Gewerkschaften und Parteien jetzt aufheulen und, wie immer, wenn jemand wagt, ihren nationalen Konses zu stören, zusammen mit der FAZ laut „Sektierer“ brüllen, sowie zu einer Einheitsfront (unter ihrer Führung?) aufrufen. Dass diese Leute aus 200 Jahren Scheitern des Reformismus mit staatlichen Mitteln immer noch nichts gelernt haben, ist ihr Sache Dass sie nun aber versuchen die inhaltliche Kritik an ihrem Standortnationalismus mit Formalien zu überdecken, zeigt vor allem, wie sehr diese sie offenbar gertroffen hat.

Dagegen stellte die Antifa Sprecherin nochmal den Ablauf der Aktion klar:

„Bereits im Vorfeld wurde – und keineswegs nur von uns (z.B. auch hier und hier ) – der Auftritt von Oskar Lafontaine scharf kritisiert. Darauf wurde nicht reagiert, von daher war es nur folgerichtig und basisdemokratisch, dass viele Leute ihren Protest direkt äußerten. Dass es dabei nicht zu einer weiteren Eskalation kam ist weder der Polizei noch den Ordner von DGB-Gewerkschaftern und Linkspartei zu verdanken. Zunächst versperrte die Polizei dem sozialrevolutionären und antinationalen Block mit Schlägen und Tritten, entgegen der tatsächlichen Absprachen, überhaupt den Zugang zum Römer und musst erst umgerannt werden, dann schlugen einige DGBler und Linksparteiordner sofort um sich als die ersten Eier flogen.“

Insgesamt zog Sahra Brechetl aber ein positives Fazit:

Dass fast 2000 Menschen im sozialrevolutionären und antinationalen Block vergangenen Samstag teilgenommen und dann auch noch viele Weitere Oskar Lafontaine ausgebuht haben, läßt für die Entwicklung einer emanzipatorischen und breiten sozialen Bewegung gegen die Krise hoffen.

Eine kleine Auswahl nationalistischer und anderer Grausamkeiten:

Asylrecht und Lafontaines Vergangenheit (2007)

In einer Veranstaltung an der Freien Universität Berlin u. a. mit dem Vorsitzenden der Linksfraktion im Bundestag, Oskar Lafontaine, wurde dieser auch mit seiner SPD-Vergangenheit konfrontiert. Angesprochen darauf, dass er 1993 zusammen mit der CDU für die faktische Abschaffung des Asylrechts gestimmt habe, verteidigte er sich:

Wir müssen die Zuwanderung und den Zugang zu unseren Sozialsystemen begrenzen.“ Außerdem bezeichnete er Forderungen nach„globalen sozialen Rechten“ oder „vollständiger Bewegungsfreiheit“ in Bezug auf Flüchtlinge als unrealistisch.

Lafontaine und die Zuwanderung (Zitat aus seinem Buch „Politik für Alle“, 2005)

Weil der Sozialstaat überwiegend von Arbeitnehmern mit geringem und mittlerem Einkommen finanziert wird, findet man auch in diesen Gruppen die größten Widerstände gegen Aussiedler, Bürgerkriegsflüchtlinge und Asylbewerber. Denn die Zuwanderung bedeutet immer Konkurrenz um Arbeitsplätze, Wohnungen und Lebenschancen. Deshalb muss in einer modernen Nation die Verpflichtung des Staates garantiert werden, zuallererst für diejenigen zu sorgen, die seine Bürger sind und sich (…) an der Finanzierung der Gemeinschaft beteiligen.

Oskar Lafontaine (2004) zum Vorschlag des damaligen SPD-Innenminister Otto Schily, Internierungslagern für MigrantInnen in Nordafrika einzurichten

Schily hat Recht. (…) Unter den 15 Prozent, die Afrika verlassen, sind nicht die Schwachen, die Alten, die Kranken und die elternlosen Kinder. Es sind in der Regel die Gesunden, die Leistungsfähigen, die nach Europa wollen, um besser zu leben

Oskar Lafontaine (2005) auf einer Rede in Chemnitz

Der Staat ist verpflichtet, seine Bürgerinnen und Bürger zu schützen. Er ist verpflichtet zu verhindern, dass Familienväter und -frauen arbeitslos werden, weil Fremdarbeiter zu niedrigen Löhnen ihnen die Arbeitsplätze wegnehmen.

Oskar Lafontaine (2004) befürwortet Folter durch einen Frankfurter Polizeibeamten

„Ich würde es als Katastrophe für den Rechtsstaat ansehen, wenn dieser Beamte bestraft würde, denn nach meiner Auffassung hat er nach elementarsten sittlichen Geboten unseres Rechtsstaats gehandelt.