Seit dem 24. Januar sitzt ein Genosse im Knast. Josef wurde festgenommen, weil er gegen den sogenannten Akademiker-Ball in Wien protestiert hat. Josef sitzt immer noch, weil Polizei und Justiz an ihm ein Exempel statuieren wollen. Sie suchen Schuldige, die den Frieden ihrer Demokratie gebrochen haben, weil sie einem Treffen von Rechtskonservativen, Burschenschaften und Nazis nicht tatenlos zuschauen und sich in ihrem Widerstand nicht an jene Regeln halten, die ein solches Treffen erlauben.
Der Ball in der traditionsreichen Wiener Hofburg ist ein großes Schaulaufen rechter Eliten aus Österreich und ganz Europa. Hier verbrüdern sich Rassismus und Sexismus, hier vernetzen sich Chauvinismus und Nationalismus, hier bittet der Rechtspopulismus den Antisemitismus zum Tanz und in Wichs und Ballkleid walzert sich das ganz besonders Reaktionäre durch den Abend.
Scheinbar ganz Österreich empfand das lange Jahre als völlig normal und nicht weiter störend. Aber nun stören seit einigen Jahren autonome Antifaschist*innen den österreichischen Burgfrieden. Dank ihrer Öffentlichkeitsarbeit, ihrer Demonstrationen und Blockadeaktionen gegen den Ball stören sich nun doch immer mehr Menschen an dem rechten Treiben in der Hofburg, immer mehr gehen dagegen auf die Straße und die internationalen Medien berichten inzwischen auch über das, was dort vor sich geht. Die Proteste wurden größer und breiter, die Gäste des Balls immer weniger. Auch deshalb heißt es nun nicht mehr WKR-Ball (Ball des Wiener Korporationsrings) und wird von Burschenschaften ausgerichet, nun ist es der Akademiker-Ball der FPÖ.
In diesem Jahr versuchten Polizei und Politik erneut mit Hetzkampagnen, Verboten und massiver Polizeigewalt die Proteste in den Griff zu kriegen, trotzdem sind über 8.000 Menschen gegen den Ball auf die Straße gegangen und haben zu Tausenden versucht den Ball zu blockieren. Wohl angesichts der erneuten staatlichen Verharmlosungs- und demokratischen Legitimierungsversuche des Balls und wohl nicht zuletzt aufgrund der Eskalation durch die Polizei bereits im Vorfeld und am Tag selbst, haben einige Menschen ein paar Schaufenster zerstört und sind auch aktiv gegen die Polizei vorgegangen. Damit haben sie bewusst die demokratisch integrierbaren Grenzen von Protest überschritten und ihre grundsätzliche Ablehnung staatlicher Autorität unterstrichen.
Und genau dafür soll Josef jetzt erst einmal verantwortlich gemacht werden. Weitere 150 Ermittlungsverfahren sind eingeleitet worden. U.a. wird Josef “Landfriedensbruch” und “Rädelsführerschaft” vorgeworfen. Die wahnwitzigen Begründungen zur Verlängerung seiner Untersuchungshaft verdeutlichen den Beißreflex der Behörden. Zunächst war das “Verdunkelungsgefahr”, weil Josef die Aussage verweigert. Inzwischen heißt es “Tatbegehungsgefahr”, also Josef könnte die ihm vorgeworfenen Straftaten bei Haftentlassung erneut begehen.