Das Landgericht Frankfurt hat in einer Entscheidung (siehe Anhang) das überlange Festhalten im sogenannten M31 Kessel, die Durchsuchung und die anschließende Verbringung in das Polizeipräsidium Wiesbaden für rechtswidrig erklärt. Die Klägerin nahm an der Demonstration „M31 -European Day of Action against capitalism“ teil, wurde mit 456 weiteren Demonstrierenden über 5 Stunden hinweg eingekesselt, erkennungsdienstlich behandelt und für weitere 4 1/2 Stunden in das Wiesbadener Polizeipräsidium gebracht. Ein gegen sie eingeleitetes Ermittlungsverfahren wurde wegen mangelnden Tatverdachts eingestellt. „Dies deckt sich mit den uns als Rechtshilfestrukturen vorliegenden Berichten, wonach nahezu sämtliche uns bekannte Ermittlungsverfahren gegen eingekesselte Demonstrationsteilnehmer*innen ergebnislos eingestellt wurden“, so die Sprecher*in der Roten Hilfe Frankfurt, Jona Fritz. Eineinhalb Jahre später hat die Polizei nichts vorzuweisen außer ein paar lächerlichen Anzeigen wegen demotypischen Bagetelldeligten, wie Vermummung. Gleichzeitig wurden mehr als 450 Menschen teilweise über 10 Stunden festgehalten, massiv in ihren Grund- und Freiheitsrechten eingeschränkt, eine Demonstration mit Gewalt zerschlagen und viele der Teilnehmer*innen verletzt. Der Verlauf dieser Demonstration wurde und wird öffentlich weiterhin von der Polizei als Persilschein für jegliches Eingreifen in und Einschränkung von linken Versammlungen, wie Blockupy genutzt. Gleichzeitig stellt das Landgericht Frankfurt richtigerweise fest, dass es lediglich „[…] zu Gewalttätigkeiten einzelner Demonstrationsteilnehmer gekommen war“. Diese werden nachwievor als Rechtfertigung herangezogen, um repressives Verhalten der Polizei gegenüber linken Veranstaltungen zu legitimieren. Dabei war nach dem aktuellen Urteil nicht einmal das Agieren der Polizei an besagtem Tag rechtlich korrekt, sondern illegal.
Zum Urteil konkret: Das Landgericht hat festgestellt, dass von der Betroffene als Beschuldigte einer Straftat zwar die Personalien hätten festgestellt werden dürfen, dies hätte jedoch direkt und vor Ort geschehen sollen. Die weitergehenden polizeilichen Maßnahmen, insbesondere die Sicherstellung persönlicher Gegenstände und die Verbringung in eine Gefangenensammelstelle waren unnötig und nicht gerechtfertigt. Auf Grund der von der Polizei genannten Rechtsgrundlage war die gesamte freiheitsentziehende Maßnahme rechtswidrig. Zuvor musste die Klägerin sich durch mehrere Instanzen und Verfahrenswege klagen. Verwaltungs- und Oberverwaltungsgericht hatten sich ohne weiteres der Argumentation der Polizei angeschlossen und ohne Prüfung der Sache für unzuständig erklärt, so dass erst in zweiter Instanz das Landgericht Frankfurt sich ausgiebig mit einer juristischen Güterabwägung beschäftigte.
Dies ist um so wichtiger, da die Frankfurter Polizei bekanntermaßen zunehmend versammlungsfeindlich agiert. Linke, kapitalismuskritische Veranstaltungen sind pauschalen Vorwürfen und Angriffen ausgesetzt. So wurde die M31 Demonstration als Vorwand für das komplette Verbot von Blockupy 2012 genutzt. Auch 2013 wurde die Blockupy Demo von Beginn an kriminalisiert und durch die willkürliche Kesselung durch die Polizei faktisch verhindert. Jona Fritz hierzu: „Dieses Vorgehen ist in Frankfurt offensichtlich kein Einzellfall, stellt jedoch einen massiven Angriff der Polizei auf die Demonstrations- und Freiheitsrechte dar. Dieses Urteil stellt klar, dass die Polizei bei linken Demonstrationen selbst rechtswidrig handelt und sich offenbar nicht an die eigenen Spielregeln hält. Auch wenn wir ähnliche Entscheidungen zu Blockupy 2013 erwarten, stellt sich die Frage, wann die Polizei endlich von ihrem eskalierenden Vorgehen abrückt“ so Fritz weiter.
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Den Beschluss gibt es hier zum Download.