Pünktlich zur Fertigstellung des Neubaus der EZB schlägt das nicht mehr auszuhaltende Gequatsche vom Ende der weltweiten Wirtschaftskrise in sein softes Gegenteil um. Die Rezessionserwartung für den Standort Deutschland infolge der verordneten Verarmungspolitiken unter deutscher Führung bringt jedoch nur noch die Draghis und Merkels dieser Welt in achelschweißgetränkte Aufregung. Gebetsmühlenartig wurde in den letzten Jahren das Gerede eines Endes der Krise wiedergekäut, um im nächsten Augenblick das Gegenteil und die dazugehörigen Durchhalteparolen zu propagieren. Als ständige Wiederholung offenbart sich, was offiziell nicht zugegeben werden darf: die stetige Normalisierung des Ausnahmezustandes in Europa und die Unmöglichkeit der herrschenden Politiken, dem kapitalistischen Stottern ein Ende zu bereiten. Die x-ten Interventionsversuche dürften sich nach dem systematischen Ausweiden der arbeitenden Bevölkerung in Griechenland, Irland und Spanien als ebenso illusionär entpuppen wie der Versuch, nach dem Melken einer Kuh die Sahne wieder zurück in ihr Euter stopfen zu wollen.
Während das kurzfristige Treffen der EZB in Neapel am 3. Oktober Massenproteste provozierte und die Neapolitaner*innen den Sicherheitskräften kräftig einen einschenkten, ist von einer solchen Frühlingsstimmung hierzulande wenig zu beobachten. Hier regiert der Herbst, obwohl Anlässe für regelwidriges Verhalten bezüglich der National- oder Europapolitik genug vorliegen. Die rechtspopulistische AfD zog in drei Landtage als starke vierte Kraft ein, während die islamistische Reaktion das emanzipatorische Projekt kurdischer Genoss*innen massakriert. Europaweite Polizei-Aktionen mit Racial Profiling zerren all jene ins Neonlicht der Abschiebemaschinerie, die nicht im Besitz eines europäischen Passes sind und noch nicht einmal als Ausbeutungsobjekt gelten – davon gibt es schließlich zuhauf in der EU. Noch das kämpferischste Verhalten im „Krisengewinnerland“ BRD liefert momentan der Streik der so genannten Vaterlandsverräter GDL und die Proteste derer, die so oder so nichts zu verlieren haben als ihr blankes Leben: Die Refugees. Aber die Verteidigung des Grundrechts auf Streik und der existenzielle Überlebenskampf werden hierzulande weitgehend nieder geschrien anstatt begrüßt. Statt diesem Dreiklang aus Armut, Ausgrenzung und Leistungszwang etwas entgegenzusetzen, wurde er bei den Einheitsfeierlichkeiten in Hannover am 3. Oktober von der großen Mehrheit feuchtfröhlich begossen und beklatscht.
Um der Entwicklung, bestehend aus politischem Rechtsruck und kapitalistischer Krisennormalität, ein kleines bisschen Realität entgegen zu setzen, findet vom 20. bis 23. November in Frankfurt am Main das Blockupy-Festival statt – auch, um schon mal die großen Proteste gegen die geplante Eröffnung der neuen EZB-Zentrale einzuleiten.
Wir beteiligen uns, zusammen mit Genoss*innen der anti-autoritären Plattform Beyond Europe, unter anderem mit einer internationalen AG. Dabei werden wir über antifaschistische Strategien gegen rechte Formationen in Europa und die Möglichkeiten grenzübergreifender Solidarität diskutieren. Mit einer Demo gegen die EZB wird es sportlich-aktionistisch zur Sache gehen, um klarzustellen, dass weder Wassergraben, Natodraht oder geschmacklose Sicherheitsarchitektur uns in dem Bestreben aufhalten können, ein Zeichen antinationaler Solidarität aus dem Herz der Krise zu senden. Und nicht zuletzt wird bei dem Festival die Frage geklärt, ob nach der Vergesellschaftung des autoritären Herrschaftsbaus ein Altersheim oder ein Kindergarten auf der Dachterrasse angesiedelt werden soll.
In diesem Sinne: Scheiss Troika – Scheiss EU – Scheiss Deutschland