Die griechischen, deutschen und internationalen Medien werden seit Wochen von den Diskussionen um staatliche Krisenlösungsversuche, Kreditkonditionen und heiße Straßenschlachten dominiert. Neben der täglichen Debatte um Staatshilfen für den „Krisenverlierer“ Griechenland, können wir ebenso Prozesse der Organisierung von unten verfolgen wie z.B. tägliche Lohnkämpfe oder die Bewegung der Empörten. Parallel dazu entwickelt sich in Griechenland ein „Blick nach unten“: Pogrome von Faschisten und Polizei gegen MigrantInnen im Zentrum Athens, Räumungen von Flüchtlingssiedlungen, „nationalbefreite Zonen“ und Propagierung einer „nationalen Einheit“ gegen die Bedrohung von innen und außen. Die letzten zwei Jahre haben in Griechenland und der Europäischen Union viel verändert – Und diese Entwicklung wollen wir zusammen mit euch und unseren ReferentInnen diskutieren. Deshalb werden die ReferentInnen versuchen die Hintergründe zu beleuchten, d.h. die vielerwähnten Stichworte von Krisennationalismus bis Krisenkämpfe füllen, um dann eine Einschätzung zur aktuellen Lage vor Ort abzugeben und Möglichkeiten aufzeigen, wie eine konkrete Solidarität mit den sozialen Kämpfen aussehen kann.
Die Gruppe Terminal 119 aus Griechenland analysiert als zentrales Moment der Krise die Veränderung des griechischen Patriotismus: Die ideologische Verarbeitung der „Krise“ verläuft in Form einer Instrumentalisierung: Die Massen sollen von der nationalen Einheit und deren Interessen überzeugt werden und werden zu allerlei Aufopferungen aufgefordert – unabhängig von ihrer sozialen Lage und anderen Identitäten. Es handelt sich nicht um die „Krise der Gesellschaft“, sondern um eine kapitalistische Reorganisation, die sich durch das Schüren von Rassismus und Ängsten ums Vaterland verwirklicht und die für jede Einzelne und jeden Einzelnen das Maß der Ausbeutung neu aushandelt. In ihrem Beitrag wird die Notwendigkeit einer Ideologiekritik an der griechisch-nationalen Geschichtserzählung betont, die sich als Form einer ökonomischen und schicksalhaften Entwicklung und Gemeinschaft verkauft. Dabei wird auch ein Blick auf die griechische gesellschaftliche Normalität, abseits der Krise, nicht fehlen.
John Malamatinas aus Köln reist als Beobachter und Aktivist durch das Krisenlabor Griechenland. In seinem Beitrag wird er von seinen Erfahrungen und Eindrücke berichten und dabei eine antinationale Sicht der Situation präsentieren: Facts zur Krise, den immer wieder aufflammenden Protesten und Hintergründe zur Bewegung; welche Stärken und Schwächen hat die Krisenbewegung, wie nationalistisch ist die Linke und wie verhält sich das anarchistische Milieu? Wird auf den erstarkten gesellschaftlichen Rassismus und die vermehrten faschistischen Angriffen auf MigrantInnen und linken Projekten angemessen reagiert? Außerdem erfolgt eine Einschätzung wie antinationale Politik über den Grenzen der Staaten hinweg praktiziert werden kann. Ob ein antinationaler Internationalismus möglich ist sollte dann in der offenen Diskussion weiter debattiert werden.
27.09.2011 – 20:00 – Café Exzess – Leipziger Straße 91 – Frankfurt
Auf der Veranstaltung wird es auch mehr Infos zu den Protesten gegen den Tag der deutschen Einheit in Bonn geben sowie zur gemeinsamen Anreise aus Frankfurt – watch out!