Schon wieder vier Jahre rum. Was sich nicht alles seit der letzten Bundestagswahl getan hat: eine Explosion rassistischer Gewalt, massenhafte Abschiebung in Kriegsgebiete als Folge eines drastisch verschärften Asylrechts, Diskussionen über Schießbefehle, Obergrenzen und Standortvorteile. Das alles während anderswo Menschen ertrinken, (auch hier) unter Brücken hausen, verelenden. Repression und Kontrollwahn prägen die Politik, Depression und Unzufriedenheit den Alltag. Die Regierung überschlug sich förmlich mit immer neuen s.g. Asylpaketen, die nichts weiter als eine kontinuierliche Verschärfung und Entwürdigung der geflüchteten Menschen darstellen. Gäbe es keine AfD, müsste man sie aus Sicht der herrschenden Klasse erfinden, um eine solche Politik rechtfertigen zu können. Die Parallelen zu den 90er Jahren sind erschreckend: Während der rassistische Mob zündelt, kippen die Volksparteien Öl ins Feuer und sorgen durch verschärfte Gesetzgebung für die Belohnung von Brandanschlägen und rassistischer Gewalt. Während dem nationalistischen Wutmob Verständnis und offene Ohren entgegengebracht werden, dürfen die Betroffenen rassistischer Gewalt mit ihrer Ausweisung rechnen.
Es geht kaum offensichtlicher, dass die (aller Voraussicht nach) klägliche Neuauflage der Großen Koalition oder jede andere denkbare Regierung nach der Wahl die billige Formel der Alternativlosigkeit zementieren will. Dass nun eine rechte (vermeintliche) Alternative sich in den Tanz der Menschenverachtung einreihen will, unterstreicht wie wichtig es ist, in diesem Prozess nicht nur staunend oder empört zuzuschauen, sondern sich gut aufzustellen und wenn nötig, dazwischen zu grätschen.
Dabei gilt es für uns von Beginn an, klar zu machen: Wir halten nichts von parlamentarischen Ränkespielchen und einer Debatte um das kleinere Übel, die nur die Not und das Elend einer repräsentativen Einöde in neue Gewänder steckt. Die Abschaffung des kapitalistischen Systems in all seinen Facetten bleibt für uns unverhandelbar. Nichtsdestotrotz wollen wir die Gelegenheit der bevorstehenden Wahl nutzen, unsere Position zu den Grundübeln der Gesellschaft zu artikulieren, ohne in die Falle der institutionellen Apologetik zu tappen und mit den Feinden der Freiheit gemeinsame Sache zu machen.
Dass mit der AfD eine Partei der extremen Rechten auf mit offen mit militanten rechten Kräften auf Tuchfühlung geht, veranlasst uns zudem neben der inhaltlichen Auseinandersetzung mit dem Parlamentarismus die Präsenz von Rassist*innen in unserer Straße pragmatisch anzugehen. Normalität wird es für die AfD und mit ihr nicht geben!
Die Aussichten sind schlecht. Die AfD wird wohl auf der rassistischen Welle in den Bundestag surfen. In ihren internen Strategiepapieren wird deutlich, auf welch plumpe Weise deren Wahlkampfstrategen auf Stimmenfang gehen wolle: Halbwahrheiten, Fake News und eine Emotionalisierung nach rassistischen Standards sind Teil des Politikensembles, das für ihr Ziel der autoritären Formierung sich bei jedermann/frau beliebt machen will.
Dazu passt, dass die AfD gerade im Bereich der inneren Sicherheit als kompetent auftreten will und so ideologisch geschickt die Felder Migration, „Extremismus“ und Terrorismus in Bezug setzt. Jüngst spielt sie sich selbst als Retterin von Minderheiten auf. Die Rhetorik der AfD ist in diesem Zusammenhang ebenso durchschaubar wie ekelerregend: So wird Antisemitismus als ein muslimisches Phänomen propagiert, um rassistisches Gedankengut reinzuwaschen und die eigene Verwicklung zu untergraben. Aber auch auf anderen Gebieten will die AfD mindestens zwei Rollen rückwärts machen. Mit ihrer andauernden Betonung der angeblich natürlichen Verbindung von Mann* und Frau* und der damit einhergehenden Diffamierung von allem, was dieser „Natürlichkeit“ nicht entspricht, hat sie einen Frontalangriff auf alle bisherigen Erfolge im Kampf gegen Homophobie begonnen. Ob bei Demos gegen neue Lernpläne, wie in Hessen und Baden-Württemberg, oder schrillen Verlautbarungen gegen das Adoptionsrechte für homosexuelle Paare, die AfD ist immer vorne dabei wenn sich das homo-feindliche Gesindel auf der Straße oder sonst wo trifft. Des weiteren vertritt die AfD einen aggressiven Anti-Feminismus und sieht in allen Debatten zu Patriarchat und Gleichberechtigung nur „Gender-Mainstreaming“ und eine ständige Benachteiligung für die „am meisten bedrohte Minderheit“: weiße Männer. Es gilt also auf allen Ebenen und zu jeder Zeit dem Angriff der AfD auf das wenige was bisher gesellschaftlich erreicht wurde im Bezug auf Feminismus und dem Kampf gegen Homophobie eine deutliche Absage zu erteilen.
Ebenso dringlich ist es für uns, die Hoheit über die emanzipative Ausformulierung der sozialen Frage zu erlangen. Der befürwortete soziale Kannibalismus, den die AfD propagiert, befeuert die Konkurrenzwut, der heutzutage schon viel zu viele Menschen nicht mehr standhalten können. Mit der Idee der weitgehenden Auflösung des Sozialstaates zeigt die AfD wessen Geistes Kind sie ist. Rassismus dient hier als Ventil der nationalen Vereinigung, mit der Klassengrenzen überwunden werden sollen. Dass das keine Alternative für Arbeiter*innen sein darf, müssen wir mit einem positiven Gegenentwurf deutlich machen. Es gilt, dem Bündnis von Mob und Elite Einheit zu gebieten und als antiautoritäre Kommunist*innen eine echte Alternative zum Wahnsinn des kapitalistischen Normalvollzugs zu bieten.
In die Offensive
Uns ist bewusst, dass der Kampf gegen die AfD noch lange nicht Staat, Nation, Patriarchat und Kapitalüberwindet. Allerdings sehen wir auch mit Blick auf andere europäischen Länder, wie rechte Parteien den politischen Diskurs rassistisch verschärfen und langfristig das Fundament einer politischen Perspektive aufbauen. Dazu benötigt es nicht nur wahl- und machtpolitische Mittel, sondern gerade die langfristige Pflege eines rassistischen Normalzustands, der auf nationalen Kontext beruht. Die leider immer wieder zu beobachtenden Zurückhaltung, von antifaschistischer Seite, gegenüber der AfD muss dabei endlich aufhören. Keiner anderen politischen Kraft in Deutschland gelingt es so deutlich eine ausformulierte rechtsradikale Ideologie in die Gesellschaft zu tragen wie der AfD. Sie ist eine völkisch-rassistische Partei und als solche ist sie zu bekämpfen. Für uns muss das heißen: keine Wahlkampfveranstaltung bleibt ungestört,kein Straßenwahlkampf bleibt unkommentiert. Schließt euch in euren Stadtviertel zusammen, rassistische Propaganda darf nirgends toleriert werden.
Angriff bleibt die beste Verteidigung.
Für einen heißen Wahlkampf
KP