Am 24.09.2010 haben wir das leer stehende Asylheim in der Heidelberger Str. 148 in Darmstadt besetzt. Schon am darauf folgenden Nachmittag wurde das Haus durch die Polizei gestürmt und anschließend geräumt.
Die Besetzung war eine Reaktion auf die Räumung der Hausbesetzung in der Neckarstraße 5. Bei beiden Besetzungen sollte zuvor ungenutzter Raum angeeignet werden, um Wohnraum und Raum für linke und alternative Kultur und Politik zu schaffen. Dabei wollten wir jedoch nicht vorrangig die konkrete Situation in Darmstadt thematisieren, sondern grundsätzlich kritisieren, wie das Eigentum in dieser Gesellschaft verwaltet und verteilt wird.
Nach dem Ende der Besetzung in der Neckarstraße fand ein Gespräch mit dem Jugend- und Sozialdezernenten Jochen Partsch statt. Dabei wollte uns dieser weißmachen, es gäbe kein Gebäude im städtischen Besitz, das als Ersatzobjekt für die Neckarstraße 5 in Frage käme. Also haben wir uns selbst mal umgeguckt und das Gegenteil festgestellt. Da wir uns so oder so in dem Gespräch nur verarscht vorgekommen sind, war klar, dass eine neue Besetzung die einzig vernünftige Konsequenz sein kann.
Wie beim letzten Mal startete die Besetzung mit einer Party, die spontan im Internet beworben wurde und die von ungefähr 100 Leuten besucht wurde.
Gegen 11:00 Uhr am folgenden Tag tauchte dann erstmals die Polizei vor dem Haus auf und begann sich um das Haus zu postieren. Zuerst konnten noch Leute an der Polizei vorbei ins Haus gelangen, als dann aber immer mehr BFE-Einheiten an den Zugängen postiert wurden, war das nicht mehr möglich.
Es gab zwei Telefonate und ein persönliches Gespräch mit Jochen Partsch, die man sich aber auch hätte schenken können. Das einzige Angebot, dass er uns machen wollte oder konnte, war, dass wir das Haus wieder verlassen. Wenn das in unserem Interesse gelegen hätte, hätten wir das Haus ja gar nicht erst besetzen müssen. Spätestens nach den unsinnigen Verhandlungen nach der letzten Besetzung war klar, dass uns Gesprächsbereitschaft und ein zuvorkommendes Verhalten gegenüber der Stadt keinen Schritt weiter bringen. Wir sahen auf jeden Fall keinen Anlass Partsch – der jetzt als Oberbürgermeisterkandidat für die Grünen antreten will – seinen Wunsch zu erfüllen und das Haus zu verlassen. Also ordnete er die polizeiliche Räumung an. Diese wurde für 15:00 Uhr angesetzt, vorher sollte es noch möglich sein, das Haus zu verlassen. Wir nutzten die Zeit lieber, um das Haus weiter zu verbarrikadieren. Vor dem Haus wurde zwischenzeitlich eine Kundgebung angemeldet, an der sich etwa 40 kurzfristig mobilisierte Unterstützer_innen zusammenfanden.
Bei der Räumung versuchte die Polizei vergeblich zwei der Haustüren aufzubrechen und schaffte es schließlich unter dem Einsatz von mehreren Beamten, Rammen und Brechstangen durch die dritte Haustür durchzubrechen und das Haus zu stürmen. Die Menschen, die sich zu dem Zeitpunkt im Haus befanden, hatten sich während dessen in einem Kellerraum versammelt, in dem sie dann von der Polizei festgesetzt wurden. Anschließend wurden alle 28 Personen mit Kabelbindern gefesselt und auf das Polizeipräsidium in der Klappbacher Straße verfrachtet.
Während den Durchsuchungen im Haus kam es mehrfach zu Schikanen durch die Polizeibeamten. Persönliche Gegenstände wurden in den Dreck geworfen, die Handfesseln wurden mit Absicht schmerzhaft eng zugezogen und eine Person musste sich bis auf die Unterhose ausziehen.
15 der Kundgebungsteilnehmer_innen wurden in Gewahrsam genommen. Auch gegenüber diesen, auf dem Weg zur Wache, auf der Wache und sogar nach der Entlassung kam es mehrmals zu körperlichen und verbalen Übergriffen durch Polizeibeamte. Die festgenommenen Besetzer_innen und Kundgebungsteilnehmer_innen wurden bis zu 4 Stunden festgehalten, auch nachdem die Personalien festgestellt waren und erhielten erst nach mehrmaligen Protesten oder gar nicht die Möglichkeit Toiletten zu nutzen oder etwas zu trinken. Die Stadt Darmstadt stellte Strafanzeige wegen Hausfriedensbruch und Sachbeschädigung gegen die Personen die sich im Haus befanden.
Wir werden dazu in den nächsten Tagen nochmal genauer Stellung nehmen.
Am Donnerstag, dem 30.09, wird um 19:00 Uhr eine Demonstration gegen die Räumung und den Polizeieinsatz stattfinden (Treffpunkt ist am Marktplatz vor dem Schloss). Wir fordern die Einstellung der Strafverfahren und die Rückgabe der restlichen Sachen, die sich bei der Räumung im Haus befunden haben. Und nach wie vor fordern wir ein autonomes Wohn- und Kulturzentrum in Darmstadt!
Um unseren Forderungen nach einem Zentrum nochmal Nachdruck zu verleihen und um die Besetzer_innen des JuKuZ Maraldo aus Bensheim zu unterstützen ist auch schon seit längerem eine Demo am 16.10 geplant (Treffpunkt ist um 17:00 Uhr am Darmstädter Hauptbahnhof). Dabei werden auch die neuesten Ereignisse um die Besetzung der Heidelberger Straße und insbesondere der gewalttätige Polizeieinsatz thematisiert werden.