Liebe Freundinnen, liebe Genossinnen, liebe Kolleginnen,
Heute ist nicht nur globaler Klimastreik, sondern auch Warnstreik der Beschäftigten im öffentlichen Nahverkehr. Heute gehen ver.di und Fridays for Future als „Wir fahren zusammen“ gemeinsam auf die Straße um Mobilität für alle und gute Arbeit für die Beschäftigten im ÖPNV zu erkämpfen.
Wir von Kritik und Praxis halten das für unterstützenswerte Forderungen und Beteiligen uns deshalb gern am Aktionstag.
Alle Wissen: Die Verkehrswende muss jetzt passieren. Nicht alle Teile der Gewerkschaften sind Fans der Umweltbewegung, und umgekehrt. Und doch sind die Klimafrage und die soziale Frage innerlich verbunden.Umso mehr freuen wir uns, heute zusammen auf der Straße zu sein, gerade weil wir aus unterschiedlichen Ecken, ja Teils aus unterschiedlichen Bewegungen kommen. Denn wir alle haben jeden Grund verdammt wütend zu sein!
Zu behaupten, die Verkehrswende würde verschlafen ist heute Quatsch. Ganz offensichtlich fehlt da der politische Wille, sie umzusetzen. Aber das ist ja auch kein Wunder, das Auto ist DAS Markenzeichen des Wirtschaftsstandort Deutschlands. Über CDU und FDP muss man dabei nicht reden, auch die anderen Partei werden an den Grundpfeilern der klimafeindlichen Automobilität nichts ändern: E-Autos sind keine Revolution sondern das einfachste Weiter-So. Sie sind fast genauso umweltschädlich und nehmen genauso viel Platz in der Stadt weg wie Verbrenner.
Wenn wir das nicht sofort unterbrechen, stehen wir vor Infrastrukturproblemen, die auf Jahrzehnte nur schmerzhaft zu beheben sein werden. Als vielfältige und entschlossene Bewegung für einen guten ÖPNV können wir dagegen eine Infrastruktur erkämpfen, die noch in Jahrzehnten die tatsächliche Lebensqualität der Vielen verbessert. Unser gemeinsamer Wille, das zu erkämpfen, kann uns vereinen, und gemeinsam können wir das schaffen.
Denn darum geht es uns: Die Möglichkeit zur Mobilität ist eine Voraussetzung für ein gutes Leben. Weil wir das gute Leben für alle wollen, muss die Infrastruktur eine gemeinsame, unser aller Sache sein. Kommunal ist der ÖPNV schon, aber die Unternehmen müssen heute unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten arbeiten. Das geht zulasten von Beschäftigten und Fahrgästen. So kann kein Nahverkehr funktionieren, der unseren Bedürfnissen entspricht.
Ein erster Schritt ist ein kostenloser ÖPNV! Das ist keine radikale Forderung, einen kostenlosen ÖPNV gibt es in verschiedenen Ländern in Europa bereits. Und das ist nur ein kleiner Schritt hin zu einem ÖPNV, der eine Mobilität für alle ermöglicht – Eine Mobilität, die niemanden mehr dazu zwingt, sich ein Auto kaufen zu müssen, um von A nach B zu kommen, erst recht nicht in der Stadt.
Wir brauchen eine Mobilitätswende, die sich an Menschen orientiert, nicht an den Verwertungslogik. Wir kämpfen für eine Infrastruktur und einen Fahrplan, der sich nicht an der wirtschaftlichen Verwertbarkeit der Stadtviertel ausrichtet. Der sich nicht fragt, wo leben Menschen mit viel oder wenig Geld? Sondern der für alle da ist! Natürlich braucht es dafür mehr Beschäftigte, bessere Arbeitsbedingungen und höhere Löhne. Dass der RMV jetzt Fahrpläne einschränken muss, weil die Beschäftigten fehlen, zeigt doch nur: So kann es nicht weitegehen! Das trifft alle, die auf den ÖPNV angewiesen sind.
Deshalb fordern wir Investitionen in den ÖPNV. Und wo der ÖPNV bereits privatisiert wurde muss er vergesellschaftet werden. Wir fordern die Vergesellschaftung dessen, was zu Recht öffentliche Infrastruktur heißt. Es darf nicht sein, dass private Renditeansprüche darüber entscheiden, ob, wann und wo ein Bus oder eine Bahn fährt.
Wir unterstützen gerne den Warnstreik von Ver.di. Aber wir müssen über die konkreten Forderungen im Tarifkonflikt hinausgehen, wenn wir die Lebensgrundlage auf diesem Planeten erhalten wollen. Sowohl die Klimakatastrophe als auch die Prekarität der Arbeit haben ihre gemeinsame Ursache im Kapitalismus. Im Kapitalismus wird auch ein klimafreundlicher Umbau des Verkehrs immer an den Bedürfnissen der Wirtschaft ausgerichtet bleiben. Effektiver Klimaschutz und die Profitlogik des Kapitals sind aber prinzipiell unvereinbar. Auch grüner Kapitalismus ändert daran nichts. Klimaschutz wird immer nur Nebensache sein hinter dem Profitinteresse, und nur solange er sich gut verkauft. Kapitalismus funktioniert nur mit Wachstum, aber endloses Wachstum ist gerade dabei, diesen Planeten zu zerstören.
Wenn wir aber um eine Welt kämpfen, in der es um unser Leben geht und nicht um wirtschaftliche Interessen, wenn wir für mehr stehen als für die Sozialpartnerinnenschaft, wenn wir das als Linksradikale schreiben. Dann wissen wir: nur gemeinsam können wir das erreichen. Und wenn wir bei den Streiks zusammenstehen, uns über unsere Erfahrungen austauschen und gemeinsam für etwas besseres als das herrschende Unglück kämpfen, dann gehen wir dabei die ersten praktischen Schritte darüber hinaus. Bleiben wir nicht bei Unterschriftenlisten und Appellen an die Regierenden stehen. Organisieren wir Wirkungsmacht von unten. Feiern wir die Diversität unserer Taktiken.
Denn auch wenn wir hier nicht als Gewerkschaft auftreten: Wir gehen mit euch auf die Straßeund sind an eurer Seite, beim Warnstreik, beim Klimastreik, beim Generalstreik. Und wir setzen auf euch beim nächsten Protest gegen die AfD, gegen Reaktionäre oder wenn die bürgerlicheMitte dem Sterben im Mittelmeer nicht nur zusieht, sondern es noch befeuert.
Setzen wir gemeinsam ein Zeichen für eine von Arbeitszwang, Ausbeutung und Ausgrenzung befreite Gesellschaft. Und verdammt noch mal: natürlich für die Arbeitszeitverkürzung in allen Branchen. Setzen wir gemeinsam ein Zeichen für eine Bewegung, die den Klimawandel endlich konsequent bekämpft und die Voraussetzungen schafft, mit den schon jetzt spürbaren Folgen
vernünftig und solidarisch umzugehen.
Ein weiterer guter Anlass gegen den kapitalistischen Autowahn zu kämpfen sind die Aktionstage gegen die Tesla-Fabrik bei Berlin. Kommt mit uns im Mai nach Brandenburg -Disrupt Tesla!
Erkämpfen wir Mobilität für alle und gute Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten im ÖPNV!
Für das Klima und gegen den Kapitalismus, der es zerstört! Es geht ums Ganze!